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Als 2004 bekannt wurde, dass ein Steinkohlekraftwerk in Hamburg errichtet werden soll, protestierten Umweltschützer gegen dieses Vorhaben – gebaut wurde es trotzdem. Seit der Inbetriebnahme im Jahr 2015 zählt Moorburg zu den modernsten Kraftwerken in Deutschland. Nach Willen des Betreibers Vattenfall soll es dennoch ab 2021 stillgelegt werden. Der Fall Moorburg macht das komplexe Spannungsfeld zwischen Politik, Energiemarkt und gesamtgesellschaftlichem Bewusstsein deutlich und gewährt einen tieferen Einblick in die Realitäten des Energiemarktes, die auch Umweltschützer manchmal für den Erhalt eines Kohlekraftwerks stimmen lassen. VeganStrom erklärt die Details.

Kraftwerk Moorburg: ein (lokaler) Streitfall von Beginn an

Für Menschen aus Hamburg und Umgebung sind Nachrichten über das Steinkohlekraftwerk im Hamburger Stadtteil Moorburg längst nichts Neues. Seitdem der schwedische Energieriese Vattenfall im Jahr 2004 den Bau des Kraftwerks bekannt gab, bekämpften Natur- und Umweltschützer sowie Parteien das Projekt – die Betriebserlaubnis konnten sie am Ende aber auch juristisch nicht verhindern. Maßgeblich vorangetrieben wurde das Kohlekraftwerk vom konservativ dominierten Hamburger Senat unter Oberbürgermeister Ole von Beust, wobei die ursprünglich geplante Kapazität im Laufe der Zeit mal eben verdoppelt wurde – der Bau eines zweiten, gleichgroßen Blocks erfolgte. Bis es 2015 zum Anschluss an das deutsche Stromnetz kam, vergingen insgesamt elf Jahre. Seitdem erzielt die Doppelblockanlage eine Leistung von rund 1.600 Megawatt. 2019 belief sich der CO2-Ausstoß des Kohlekraftwerkes Moorburg auf 4,7 Millionen Tonnen.

Im Jahr 2010 genehmigte die Umweltbehörde der Stadt Hamburg dem Betreiber die Entnahme von Elbwasser, welches bei der Durchlaufkühlung im Kraftwerk zum Einsatz kam. Gegen diese Entscheidung reichte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) Klage ein. Aus gutem Grund: Die Anlage bringt Fischarten, welche zum Laichen elbaufwärts ziehen – etwa Lachse sowie Meer- und Flussneunaugen –, in Gefahr. Als „Beifang“ werden die Tiere in die Durchlaufkühlung, welche 60 Liter Wasser pro Sekunde entnimmt, eingezogen und geschreddert. Und die Aktivisten bekamen Recht: Nach einem langen Kampf entschied der Europäische Gerichtshof (EUGH) im Jahr 2017 letztendlich, dass die Zustimmung der Umweltbehörde nicht mit der erforderlichen Gründlichkeit geprüft wurde und demnach eigentlich gar nicht hätte zustande kommen dürfen. Das Kraftwerk muss sich seitdem mit einer Kreislaufkühlung mit Hybridkühlturm begnügen – ein Erfolg für den Artenschutz und für die Biodiversität. Der Protest gegen das Kraftwerk aber ist ungebrochen. Auch Anfang September 2020 demonstrierten wieder rund 550 Menschen auf Fahrrädern und in Booten gegen den „größten Klimakiller Norddeutschlands“.

Moorburg, die Bundesnetzagentur und das Geld

Anfang September 2020 sorgte das Kraftwerk Moorburg nun erneut für Aufsehen. Magnus Hall, der CEO von Vattenfall, gab an, dass das Unternehmen bei einer Auktion der Bundesnetzagentur für die Stilllegung von 4.000 Megawatt Kohlekapazitäten im Norden Deutschlands teilgenommen habe. Solche Auktionen sind Teil der Entschädigungspolitik der Bundesrepublik und geben den Energiekonzernen die Möglichkeit, sich das Abschalten veralteter und besonders umweltschädlicher Anlagen finanziell vergüten zu lassen.

Als Grund für das Vorhaben Vattenfalls führte Hall die fallenden Strompreise, die immer weniger gewinnbringende Energieerzeugung aus Steinkohle und die teuren Emissionspapiere an. Für Martin Kaiser, den Chef von Greenpeace Deutschland, „ein Zeichen, dass die Steinkohle wirtschaftlich und politisch tot ist“. Sollte Vattenfall den Zuschlag erhalten, wird das Kraftwerk ab Mitte 2021 teilweise oder sogar vollständig stillgelegt. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur wird für Anfang Dezember 2020 erwartet.

Stilllegung Moorburg: Das spricht dagegen

So weit, so gut. Dennoch wirft das Angebot Vattenfalls eine große Frage auf: Warum sollte man ausgerechnet das als „hochmodern“ und „zukunftsweisend“ bezeichnete Kraftwerk Moorburg nach gerade einmal sechs Jahren Betrieb Mitte 2021 wieder vom Netz nehmen? Die eigentliche Betriebsgenehmigung der Anlage gilt wohlgemerkt noch bis zum Jahr 2038.

Ein verantwortungsvoller Umgang mit den Ressourcen, die in den Bau des Kraftwerks Moorburg investiert wurden, sähe anders aus. So schwer es anmutet, für den mittelfristigen Bestand eines Kohlekraftwerkes zu plädieren: Andere, klimaschädlichere und technologisch überholte Kraftwerke sollten zuerst an der Reihe sein. Nach Angaben von Vattenfall produziert Moorburg jährlich 2,3 Millionen Tonnen – also rund ein Drittel – weniger CO2-Emissionen als ein leistungsmäßig vergleichbares Kraftwerk älterer Bauweise. Die Abluft könne zu über 99 Prozent gereinigt und nationale Standards weit übertroffen werden. Dabei kommt darüber hinaus ein Verfahren zum Einsatz, das als Nebenprodukt Gips erzeugt, den die Bauindustrie als Rohstoff benötigt. Rein objektiv betrachtet ist das Kohlekraftwerk Hamburg-Moorburg also ein vergleichsweise „nachhaltiges“ Kohlekraftwerk – insofern es so etwas überhaupt gibt. Eine Tatsache, die hoffentlich auch der Bundesnetzagentur nicht verborgen bleiben wird.

Energie geht auch nachhaltig – mit Vegan Strom

Ein Hoffnung bringender Fakt zum Abschluss: 2020 wird dem „Global Coal Plant Tracker“ zufolge das erste Jahr seit Beginn der Datenerhebung sein, in dem erstmalig weniger Kapazitäten für Energie aus Kohle neu hinzukommen (rund 18 Gigawatt) als außer Betrieb gehen (rund 22 Gigawatt). Die Ressourcenverschwendung durch Kohlekraftwerke nimmt also, zum Glück, langsam ab. Wenn Dir das – genau wie uns – noch nicht genug ist und Du Dich schon heute für mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl einsetzen möchtest, dann wechsele am besten gleich zu Vegan Strom. Bei uns erhältst Du besonders umweltfreundliche Energie – ohne Tierleid, ohne Emissionen!